Ingrid Böhler, Leo Haffner, Hans Peter Link: Von Dollfuß bis Hitler

Diktaturen in der Wahrnehmung von Zeitzeugen

 

Unstrittig ist, dass die Regierungen Dollfuß und Schuschnigg (1934–1938) gegen den NS-Terror Widerstand geleistet haben. Ihr Widerstand galt allerdings nicht der Verteidigung der Demokratie, sondern der Aufrechterhaltung einer Diktatur. Das Ziel war ein autoritärer Einheitsstaat unter katholischer Flagge. Als Symbol der „Vaterländischen Front“ diente das Kruckenkreuz, das Symbol der Kreuzfahrer. Religion wurde zur Kampfhaltung und zum Mittel der Machtpolitik. Dieser „Kreuzzug“ stand in der Tradition des Streits der Kirche mit der modernen Welt im 19. Jahrhundert, als Papst Pius IX. (1846–1878) zum Kampf gegen Aufklärung, Demokratie, Liberalismus und voraussetzungslose Wissenschaft aufrief. Dollfuß beseitigte die Sozialdemokratie mit Gewalt, schränkte das Streikrecht ein, löste die Landtage auf, führte die Todesstrafe wieder ein und unterdrückte Nichtkatholiken. Gewisse ideologische Überschneidungen mit dem Nationalsozialismus, wie z.B. das Führerprinzip, sind nicht zu übersehen. Landeshauptmann Otto Ender erklärte: „Was gesund ist am Hitlertum wollen wir aufgreifen und soweit auch verwirklichen, als es für unsere Vorarlberger und für unsere österreichischen Verhältnisse passt.“

Durch die Gräuel des Nationalsozialismus geriet der Austrofaschismus inzwischen fast in Vergessenheit. Erster Höhepunkt der NS-Gräuel in Österreich war die „Reichskristallnacht“ vom 9./10. November 1938, eine Orgie elementarer Gewalttätigkeit gegen die jüdische Minderheit. Besonders brutal waren die Novemberpogrome in Innsbruck unter Gauleiter Franz Hofer, dessen Mutter aus Götzis stammte. Oberbürgermeister Dr. Egon Denz, ein Bregenzerwälder, befahl der Innsbrucker Feuerwehr, den Brand der jüdischen Synagoge nicht zu löschen.

Im Vordergrund der Lesung stehen die Tagebücher des Nazi-Gegners Karl Tizian (Sprecher: Hans Peter Link), ergänzt durch Zeitzeugenberichte aus Dornbirn und Lustenau, ausgewählt und kommentiert von Dr. Ingrid Böhler und Dr. Leo Haffner.

 

Vortragssaal

Eintritt: 7 Euro

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