ICH ZARAH ODER DAS WILDE FLEISCH DER LETZTEN DIVA

Nazi-Diva, Künstlerin oder Sowjetspionin? Um die Sängerin mit dem rauchigen, sinnlichen, vibrierenden Alt ranken sich Fragen, Legenden, Gerüchte. Zarah Leander, geboren 1907 im schwedischen Karlstad, gestorben 1981, wurde, nach einem fulminanten
Start als Sängerin in Schweden, als Schauspiele-
rin in Österreich zu einem der größten Stars des Dritten Reiches. Schon 1936 unterzeichnete Zarah Leander einen Vertrag mit der deutschen UFA. Von den Nazis verehrt, stieg sie zum höchstbezahlten weiblichen Filmstar des Nationalsozialismus auf. Fremd, geheimnisvoll, duldend wird Zarah Leander doch zum Abbild des Regimes, zum Kunstobjekt
der Propaganda. Bereitwillig leiht sie dem System ihre heroische Schönheit, ihre Stimme. Bis heute haben sich diese Stimme, ihre Lieder – viel mehr als die meist mittelmäßigen Filme – eingesenkt in das kollektive Gedächtnis, unverrückbar, als akustische Wegmarke einer Zeit. Goebbels sah in ihr den Star, der Hollywood-Magneten wie Greta Garbo über- strahlen und Marlene Dietrich ersetzen könnte. Die UFA baute sie mit allen verfügbaren PR-Mitteln zum Mythos auf, und ihre Lieder wurden von Anfang an zu den Signaturtiteln dieser ganz besonders artifiziellen Karriere. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing: Zarah Leander passte sich an und schuf doch ihre eigene, gar nicht nazikonforme Babelsberger Gegenwelt. Wer war Zarah Leander wirklich? Eine „politische Idiotin”, wie sie in ihren Memoiren behauptete, das naive Mädchen aus Karlstad, das Joseph Goebbels auf den Leim ging oder eine kühl kalkulierende Karrieristin? Nach der deutschen Niederlage in Stalingrad sah Zarah Leander im Reich dann keine Zukunft mehr. 1943 kehrte sie zurück nach Schweden – und startete durch zu einer zweiten Karriere.

Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.